Der hohläugige, größenwahnsinnige Habicht schaute sich im Kreis der anderen Tiere herausfordernd um. Viele waren gekommen zu diesem bekannten Treffpunkt mitten im Kiefernwald, ganz nahe bei dem alten, verfallenen Holzhaus.
„So kann es nicht weitergehen“, jammerte der Habicht. „Keine Nacht habe ich mehr Ruhe, kann nie mehr richtig schlafen. Wie soll ich denn mit meinen müden Augen noch auf die Jagd gehen? Seht her, ich bin schon ganz abgemagert“. Viele andere Tiere murmelten Beifall. Ihnen ging es ganz ähnlich. Nur die flinken Haselmäuse, der dicke Hamster, die Feuersalamander und ein paar Maulwürfe blieben ganz still. Auch die Blindschleichen wiegten nachdenklich ihre Köpfe und zischten ein wenig. Diesen Tieren gefiel es richtig gut, dass der Habicht, der kleine Waldkauz, der große Uhu und der rote Milan nicht mehr so scharfe Augen hatten.
Mitten in der großen Wahner Heide hatten alle Tiere bisher ausgeglichen nebeneinander gelebt. Nun gab es plötzlich zwei getrennte Lager. Es stimmte ja, dass der Lärm der viel zu großen Frachtmaschinen auf dem Köln/Bonner Flughafen immer mehr zugenommen hatte. Spüren konnten sie es alle. Aber die Auswirkungen für die Tiere waren eben verschieden.
„Wir werden eine Wahner-Heide-Tierpartei gründen“, rief der hohläugige, größenwahnsinnige Habicht, „dann bilden wir eine Armee und besetzen die Rollbahn auf dem Flughafen“. „Nein, nein“, riefen die kleinen Haselmäuse dazwischen, „wir sollten uns ganz friedlich verhalten und niemanden angreifen und in Gefahr bringen! So ein Krieg kann leicht dazu führen, dass wir alle vernichtet werden“.
„Aber ich bin doch euer Führer“, erwiderte der Habicht und nahm eine stolze Haltung an, „wir müssen alle unsere Feinde vernichten. Denn die Wahner Heide ist seit langem unsere Heimat, unser angestammter Lebensraum. Fremde Eindringlinge können wir nicht dulden. Und wenn ihr anderen da nicht mitmachen wollt, dann seid ihr auch unsere Feinde. Eine Wahner Heide – eine Tier-Armee! Versteht ihr das? Wir werden am Ende siegen. Wir sind hier in der Wahner Heide die wahren Herrscher. Und nicht diese Paketdienste mit ihren riesigen Flugzeugen. Ich bin mir sicher, es gibt sogar Menschen in den umliegenden Dörfern, die bei unserer Partei mitmachen werden“.
Den großen Tieren gefiel diese Idee. Sie breitete sich immer weiter aus. Die kleinen Haselmäuse und ihre Freunde mussten sich verstecken und verkriechen. Als die Armee des hohläugigen, größenwahnsinnigen Habichts groß genug geworden war, zog er mit allen seinen Unterstützern zum Rand des Flugfeldes. Sie warteten ab, bis es ganz dunkel geworden war. Gegen Mitternacht, als die erste große Frachtmaschine im Anflug war, besetzten alle Tiere gemeinsam die Rollbahn.
Es knirschte ein wenig, als die Frachtmaschine aufsetzte. Das große Flugzeug hatte kurz mit beiden Tragflächen gewackelt. Dann war es sicher gelandet. Von der Wahner-Heide-Tierarmee war nichts mehr zu sehen.
Die kleinen Haselmäuse und ihre Freunde hatten vom Waldrand aus zugesehen. „Wie gut, dass wir friedlich geblieben sind“, wisperten sie ganz leise, „und diesen Kriegsdienst verweigert haben“.